Stellungnahme zum Haushalt 2024 im Rösrather Stadtrat am 24.06.2024
von Daniel Jaeckel, Fraktion Zusammen Leben Rösrath.
Es gilt das gesprochene Wort.
Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Gäste,
vorab: Wir werden dem Haushaltsentwurf 2024 zustimmen. Wir stimmen zu, weil er die richtigen Signale für die Zukunft setzt und dringend erforderliche Investitionen in die soziale Infrastruktur, also Kindergärten und Schulen, vorsieht. Wir stimmen zu, weil wir genau diese Investitionen gefordert haben und für unerlässlich halten.
Aber wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht. Der vorgelegte Haushaltsentwurf wurde in vielen Fraktionen leidenschaftlich diskutiert, so auch bei uns. Wir haben versucht, Entlastungen zu finden und haben diese fraktionsübergreifend besprochen. Ungeachtet dessen ist es ein Haushalt, der einen tiefen Griff in die Ausgleichsrücklage erforderlich macht. Mit knapp zehn Millionen Euro Defizit brauchen wir diese Rücklage in nur einem Jahr in erheblichem Maße auf. Und der Haushalt lässt aufgrund des hohen Investitionsvolumens – insb. in die Schullandschaft und damit verbundener Kreditaufnahmen – erkennen, dass in den kommenden Jahren auch die allgemeine Rücklage in großen Teilen in Anspruch zu nehmen ist.
Wenn die Ausgleichsrücklage in nur wenigen Jahren aufgebraucht wird, ist das wahrlich kein Meisterstück. Zumal die Grundsteuereinnahmen laut der Prognose zur Grundsteuerreform sogar ab 2025 um 1,7 Mio. Euro ansteigen – so ist es zumindest im Haushaltsentwurf vorgesehen. Wir werden daher in den künftigen Jahren auch beraten müssen, ob es vor dem Hintergrund einer massiv angespannten Haushaltslage möglich ist, eine steuerliche Entlastung von Bürgerinnen und Bürgern zu erreichen. Man kann nicht verschweigen, dass Mehreinnahmen aus der Grundsteuerreform eine Mehrbelastung von tausenden Rösrather Haushalten bedeuten. Das Finanzministerium NRW hat hierzu schon unter dem Stichwort „aufkommensneutrale Grundsteuerhebesätze“ seine Erwartungshaltung deutlich gemacht. Dieser Diskussion, dieser Verantwortung werden wir uns in den bald beginnenden Haushaltsberatungen für 2025 stellen müssen. Die Haushaltslage bleibt angespannt!
Nicht unerwähnt bleiben sollte in diesem Zusammenhang, dass im Haushaltsentwurf in der Prognose für 2025 nun auch nicht mehr von Gebührenerhöhungen, insb. im Bereich der Elternbeiträge die Rede ist. Eine Forderung im Übrigen der Fraktion ZLR, der sich alle anderen Fraktionen – mit Ausnahme der AfD, die an keiner Haushaltsberatung teilgenommen hat – angeschlossen haben. Ein Erfolg der kleinen Fraktion ZLR.
Noch wenige Worte zum fachlichen Werdegang des Haushaltes. Die Haushaltsberatungen, die ausschließlich im Fraktionsrat stattfanden, also nicht zwingend von den Finanzenexperten der Fraktionen geführt würden, müssen in den kommenden Jahren wieder stärker dorthin, wo sie hingehören: Zurück in die Fachausschüsse, zurück in die Öffentlichkeit!
Die Öffentlichkeit war zwar durch eine umtriebige Presse und einer redseligen Verwaltung und Politik stets informiert, aber leider nicht immer richtig. So war schon von unvermeidbaren Steuererhöhungen zu lesen als in den Beratungen noch darüber gesprochen wurde, wie man eine drohende Haushaltssicherung vermeiden könne. Es war erklärtes Ziel von Verwaltung und Politik nicht in die Haushaltssicherung zu rutschen, denn die Kontrolle der Fachaufsicht hätte auch nichts Anderes als Steuererhöhungen gebracht. Insofern ist es ein Erfolg, dass wir nun Steuererhöhungen vermeiden konnten.
Vor dem Hintergrund stabiler Steuereinnahmen ist es aber nur recht und billig nach den Ursachen der Defizite in unserer Stadt zu suchen. Auffällig ist, dass die Ausgaben für den Bereich Tagesbetreuung, Kitas um knapp 4 Mio. auf 13,3 Mio. Euro ansteigen. Ein Anstieg um knapp 40%. Allein diese Position macht fast die Hälfte des gesamten Defizits aus.
Bauvorhaben und Infrastruktur
Für uns als junge Wählergemeinschaft stellt sich daher die Frage, ob Politik und Verwaltung die Entwicklung haben kommen sehen. In den letzten Jahren sind in Rösrath große, investorenfinanzierte Bauvorhaben entstanden bzw. werden noch entstehen. Erst kürzlich wurde gegen den Widerstand von ZLR, Teilen der Grünen und den massiven Einwänden der Fachbehörden der Bebauungsplan Sülzufer West im Hochwassergebiet beschlossen. Auch um den Bebauungsplan Altvolberger Wiese wurde heftig diskutiert und gestritten.
Fakt ist, dass Wohnraum in Deutschland fehlt. Wenn man aber von einem Mangel an Wohnraum spricht, dann ist hiermit aber in erster Linie bezahlbarer Wohnraum, also sozialer Wohnungsbau gemeint. In Rösrath wird aber mitnichten bezahlbarer Wohnraum geschaffen, sondern die großen Bauvorhaben werden durch gewinnorientierte Investoren durchgeführt. Die Stadt vergab bisher bei diesen Bauvorhaben regelmäßig die Chance, von Investoren einen Ausgleich für die Belastung der sozialen Infrastruktur einzufordern. Andere Kommunen haben es schon längst erkannt: Die externe Übernahme von Kosten für soziale und technische Infrastruktur muss die Voraussetzung geplanter Bauvorhaben sein. Der entscheidende Hebel liegt in der „kommunalen Planungshoheit“: Denn es ist die Stadt, die darüber entscheidet, ob eine Fläche überhaupt zu Bauland werden kann – und zu welchen Bedingungen.
Die Bevölkerungsentwicklung Rösraths der letzten Jahre und Jahrzehnte liegt deutlich über der anderer Gemeinden des Rheinisch-Bergischen Kreises. Blickt man auf einen Zeitraum ab dem Jahr 2000, so haben wir in Rösrath eine Bevölkerungszunahme von knapp 10%, im gesamten Rheinisch-Bergischen Kreis sind es aufgerundet gerade mal 4%. Die exzessive Baupolitik in Rösrath macht sich – wie sollte es auch anders sein – in den Bevölkerungszahlen bemerkbar. Rösrath ist im Bevölkerungswachstum unangefochtener Spitzenreiter aller Kommunen des Rheinisch-Bergischen Kreises.
Man muss wie bei den meisten Dingen im Leben maßvoll vorgehen. Man muss das große Ganze im Blick haben. Man kann nicht auf der einen Seite Bauen, dass der Bagger glüht und auf der anderen Seite nahezu tatenlos zusehen, wie Kindergarten-, Schul- und Aufenthaltsplätze für Jugendliche fehlen. Dieses Maß ist in Rösrath wie in keiner anderen Gemeinde des Rheinisch-Bergischen Kreises verloren gegangen. Wir sind die mit der größten Bevölkerungsentwicklung. Wir sind die, die in der Vergangenheit vergessen haben, vernünftige soziale Rahmenbedingungen für die Menschen, insb. die Familien zu schaffen. Es ist gut, dass wir das erkannt haben und nun gegensteuern. Aber den Preis für unsere Unachtsamkeit zahlen wir mit diesem und insbesondere auch den Haushalten der kommenden Jahre.
Doch wussten Verwaltung und Politik wirklich nicht, was mit den Bauprojekten auf uns zukommt? Wir haben mal genauer hingeschaut und siehe da: In der Schulentwicklungsplanung aus dem Jahr 2019 wurde insbesondere für die Jahre ab 2020 eine massive Zunahme der Zahlen von Schülerinnen und Schülern der Klassen 1 bis 4 prognostiziert. In dem Entwurf der Schulentwicklungsplanung heißt es wie folgt, ich zitiere: „In Hinblick auf die Schülerzahlentwicklung der Grundschulen ist neben der Entwicklung der Geburtenzahlen auch die des Wohnungsbaus bedeutsam; nach dem aktuellen Planungs-/Genehmigungsstand bzw. analog zu den wohl tatsächlichen Bauerwartungen könnten in den nächsten Jahren eine ganze Reihe neuer Wohneinheiten in der Stadt Rösrath realisiert werden: Ausgegangen wird hier bereits mittelfristig von 478 Wohneinheiten.“
Es kann also niemand sagen, man hätte es nicht gewusst. Wie ein guter Kaufmann müssen wir uns künftig verantwortungsvoll zum Wohle der Stadt verhalten, Politik und Verwaltung gleichermaßen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist der Bebauungsplan Altvolberger Wiese. Hier wird – auf gemeinsames Bestreben von ZLR und Forspark – der Investor für die Belastungen der sozialen Infrastruktur stärker in die Pflicht genommen. Wir erwarten nun, dass die Zusagen im Rahmen des Erschließungsvertrages auch umgesetzt werden. Wir werden genau hinschauen!
Zurückkommend auf den Haushalt bedeutet das, dass wir natürlich den Investitionen in die soziale Infrastruktur zustimmen. Sie sind unerlässlich, unsere Bevölkerung angemessen zu versorgen. Die Ausgaben sind zwingend erforderlich, um bspw. den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 zu erfüllen.
Und wir möchten ausdrücklich betonen: Wir stimmen für eine maßvolle Bebauung unserer Stadt, wir bekennen uns, dass Wohnraum geschaffen werden muss. Ein Bevölkerungszuwachs ist auch vor dem Hintergrund der zahlreichen Kriege und Krisen mit hoher Migration unumgänglich. Hierzu müssen wir aber Investoren künftig stärker in die Verantwortung nehmen. Die soziale Infrastruktur muss wie selbstverständlich künftig mitgedacht werden.
Klimaschutz und Nachhaltigkeit
Nicht unerwähnt bleiben darf im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen 2024 der Antrag der CDU, die sog. Geschäftsaufwendungen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit komplett zu streichen. Ich wiederhole: Komplett!
Dies wäre ein fatales Signal gewesen, nachdem 2023 laut dem Deutschen Wetterdienst das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 war. Wir befinden uns mitten in einem menschengemachten Klimawandel, dessen dramatische Auswirkungen wir in Rösrath im Jahr 2021 selbst zu spüren bekommen haben.
Mit dem Antrag wären angedachte Förderprogramme im Bereich der Artenvielfalt, Wasserrückhalt, Gebäudeertüchtigung oder im Bereich Photovoltaik entfallen. Die Energieberatung für Bürgerinnen und Bürger wäre wieder abgeschafft, ehrenamtliches Engagement bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz wäre nicht mehr unterstützt worden. Weiterhin hätte man den Strategie- und Nachhaltigkeitsprozess, der gerade erst über Beteiligung von zahlreichen Organisationen, Vereinen und der Stadtgesellschaft erfolgreich angelaufen ist, sofort beendet müssen. Zuletzt wäre noch die gesetzlich vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung abgeblasen worden. Eine Vielzahl von Themen, die schon objektiv betrachtet unverzichtbar sind.
Umso beruhigender, dass letztlich doch die Vernunft gesiegt und auch 2024 finanzielle Mittel für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bereit gestellt werden.
Mobilität und Verkehr
Gestatten Sie mir noch einen Blick auf den Bereich Mobilität und Verkehr. Gerne hätten wir hier höhere Mittel im Haushalt gesehen. Ähnlich wie beim Bauen wurde in Rösrath auch im Bereich Verkehr in den vergangenen Jahrzehnten viele Belange von Bürgerinnen und Bürgern vernachlässigt.
Ein wichtiger Punkt im Bereich Mobilität und Verkehr ist der Lärmschutz. Bereits im Dezember letzten Jahres hatte die Fraktion ZLR mögliche Maßnahmen gegen Verkehrslärm in den zuständigen Ausschuss eingebracht. Seinerzeit hatte die Mehrheit das Thema auf den Lärmaktionsplan des Jahres 2024 verschoben. Wir haben nun endlich eine taugliche Vorlage des Lärmaktionsplanes bekommen, den wir in der Sommerzeit beraten werden. Die vorgeschlagenen Maßnahmen orientieren sich an den geänderten Rahmenbedingungen und rechtlichen Vorgaben. Wir sind aufgerufen, den tausenden massiv von Lärm betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen. Und das auch, um selbst nicht an Glaubwürdigkeit zu verlieren, wenn wir Schutz unserer Bevölkerung vor Fluglärm fordern. Man kann nicht das eine fordern ohne das andere zu machen!
Früher verwies die Stadt Rösrath beim Verkehrslärm entlang der Landesstraßen immer auf den Baulastträger Straßen NRW. Auf Bestreben der Fraktion ZLR hat inzwischen sogar die Bezirksregierung mehrfach bestätigt: Die Rösrather Stadtverwaltung ist als Straßenverkehrsbehörde auch für die Landesstraßen in Rösrath zuständig. Und mittlerweile haben auch in unserer Stadt zahlreiche Anwohnerinnen und Anwohner von Hauptstraßen einen Antrag auf verkehrsbeschränkende Maßnahmen nach §45 der Straßenverkehrsordnung gestellt.
Die Fakten über massive Beeinträchtigungen durch Straßenverkehrslärm liegen also auf dem Tisch. Die Rechtslage spielt uns in die Hand. Politik und Verwaltung sind daher aufgerufen, entschlossen zu handeln. Also sollten wir das auch tun.
Fazit
Zusammenfassend blicken wir auf intensive Monate der Haushaltsberatungen zurück. Der Haushalt, der ursprünglich schon im Oktober 2023 als Entwurf eingebracht werden sollte, wird heute mit großer Wahrscheinlichkeit verabschiedet werden. Man kann nicht behaupten, dass es sich die Politik leicht gemacht hätte. Wir haben offen und ehrlich über die Probleme und Herausforderungen gesprochen. Aber wir setzen mit diesem Haushalt, mit dem hohen Investitionsvolumen der kommenden Jahre die richtigen Zeichen für die Zukunft. Wir wenden uns endlich den dringenden Problemen der Stadt zu. Das ist richtig, das ist alternativlos.