In der heutigen Sitzung des Stadtrats (16.9.2024) wurde der von Maßnahmen entkernte Entwurf des Lärmaktionsplans kontrovers diskutiert. Am Ende stimmten 26 Ratsmitglieder dafür, bei 13 Gegenstimmen (unter anderem von ZLR) und einer Enthaltung.
In den kommenden Tagen werden wir hier ausführlich darüber berichten.
Der Fraktionsvorsitzende von ZLR, Daniel Jaeckel, kritisiert in seiner Rede die fehlende Ernsthaftigkeit und das mangelnde Verständnis der Mehrheit im Stadtrat von Rösrath gegenüber dem Lärmaktionsplan und den Rechten von Bürgerinnen und Bürgern auf Gesundheitsschutz. Er fordert die Ratsmitglieder auf, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und den vorgeschlagenen Maßnahmen der Verwaltung zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Lärmbelastung zuzustimmen.
Hier ist das Manuskript seines Redebeitrags
Wir reden hier heute eigentlich nicht über Tempo 30. Wir reden über Rechte von Bürgerinnen und Bürgern auf Schutz ihrer Gesundheit. Wir reden über den Schutz der körperlichen Unversehrtheit, mithin einem Grundrechtsschutz von Bürgerinnen und Bürgern.
Und schauen wir uns einmal den Lärmaktionsplan genauer an. Dieser stellt erst einmal aufgrund der vorliegenden Lärmkartierungen erhebliche Belastungen der Rösrather Bevölkerung durch Straßenverkehrs- und Fluglärm fest. Da dieses Instrument bisher durch die Rösrather Verwaltung und Politik kaum Beachtung gefunden hat, war die Verwunderung scheinbar groß, als ZLR darauf hingewiesen hatte, dass man Lärm nicht nur feststellen müsse, sondern – da schau her – es auch Handlungsverpflichtungen der Kommune gebe. Auf diese kreative Idee war zwei Jahrzehnte zuvor scheinbar niemand gekommen.
Bürgerinnen und Bürger haben also ein Recht, dass ihnen bei Rechtsverstößen geholfen wird.
Soweit so unspannend.
Was macht also eine vom Idealismus getriebene Politik? Richtig, sie setzt sich mit den Rechten von Bürgerinnen und Bürgern auseinander, hört ihnen zu und versucht, Abhilfe zu schaffen. Wir befinden uns ja nicht in einem rechtsfreien Raum, das wissen wir alle.
Nicht so in Rösrath. In Rösrath scheinen die politischen Uhren ganz anders zu ticken. Sie sind schlicht stehen geblieben. Leider bei fünf nach zwölf.
Von einer erschreckend großen Mehrheit der Rösrather Politik aus den Fraktionen CDU, SPD, FDP, Forspark und AfD hört man zuallererst zynische Kommentare, wenn es um den Rechts- und Gesundheitsschutz von Menschen geht. Nur mal ein paar Beispiele:
- „Bürgerinnen und Bürger wollen nun mal kein Tempo 30“
(kommt von einem Ratsmitglied, der selbst in einem Tempo 30-Bereich wohnt, den ich mal gefragt habe, ob wir bei ihm Tempo 50 einführen sollen. Nein, das wollte er nicht.)
- „Wer an die Hauptstraße zieht, der wusste was ihn erwartet“
(heißt im Umkehrschluss: Man kann also nach dieser nicht ganz gefestigten Rechtsauffassung seinen Grundrechtsschutz durch Umzug verwirken. Kurios)
- „Wir haben ja in fünf Jahren wieder einen Lärmaktionsplan“
(stimmt, die paar Jährchen wird man doch noch abwarten können)
- „Tempo 30, aber richtig“
(die Partei will den Lärmaktionsplan mit Maßnahmen ablehnen, um dann das echte, das wirkliche Tempo 30 einzuführen. Es gibt also auch ein falsches Tempo 30-Schild? Die Partei argumentiert damit, dass die Polizei andernfalls Geschwindigkeitsverstöße nicht ahnden würde. Ihr traut unseren Bürgerinnen und Bürgern wirklich wenig Rechtstreue zu).
- „Wir haben heute eine Nullnummer beschlossen, man könnte auch sagen: Fehlanzeige!“
(das kam genüsslich von Seiten der CDU als man mehrheitlich im Planungsausschluss beschlossen hatte, die Maßnahmen aus dem LAP zu streichen)
- „Auch, wenn die Wissenschaft anderer Meinung ist, ist Tempo 30 der falsche Weg“
(wir ahnen, aus welchen Reihen dieses Geschwurbel kommt. Immerhin sind Sie scheinbar mit Ihrer Ansicht in guter Gesellschaft)
- Ein anderer gar lässt über den Rechtsanspruch von Bürgerinnen und Bürgern auf Lärmminderung gleich mal auf Facebook abstimmen und freut sich über 80% Ablehnung. (da fühlt man sich als Bürgerin oder Bürger gleich sicher aufgehoben, falls man in seinen Rechten beeinträchtigt ist)
Solche Aussagen hört man übrigens insbesondere von den Herren (ja, es sind leider nahezu immer Männer), die seit Jahren exzessiv Baumaßnahmen in Rösrath gegen alle Widerstände durchwinken. So stört es diese Herren nicht, dass es beim Bebauungsplan Sülzufer West massive Widerstände der Fachbehörden gegen das Bauen im Hochwassergebiet gab. Jetzt wird dort – Sie können es aktuell alle bewundern – natürlich entgegen aller Wünsche und Empfehlungen mit Keller und Tiefgarage gebaut. Welch Wunder. Festlegungen, die vielleicht sogar Menschenleben schützen könnten, wollte man ja nicht treffen.
Die gleichen Politiker, die in Rösrath seit zwei Jahrzehnten dafür sorgen, dass der Bagger glüht, die gleichen Politiker machen nichts für die Infrastruktur der Gemeinde. Sie verweigern eine effektive Verkehrsplanung und – welch Zynismus – den Anwohnenden, die an den Folgen des immer steigenden Verkehrs leiden, auch den Gesundheitsschutz. Und das mit den Worten: „Du brauchst hier doch nicht hinziehen“.
Wie zynisch. Man muss leider feststellen, dass sich auch in Rösrath die Grenze des Sagbaren verschoben hat. Man muss zurecht besorgt sein.
Doch schauen wir einmal genauer auf die Vorhaben des Lärmaktionsplanes, den die Verwaltung vorgestellt hatte. Mal ungeachtet der Tatsache, dass die geplanten Maßnahmen an den Hauptstraßen in der letzten Beschlussvorlage nur noch einen Bruchteil der betroffenen Bevölkerung betrafen. Dieser Kompromiss, so hört man, wurde mit politischen Vertretern hinter verschlossenen Türen verhandelt. Die CDU kam dann sogar noch in den letzten Planungsausschuss mit einem Antrag, der den deutlich verkleinerten Bereich in den Zentren nochmal deutlich verkleinerte. Es war die gleiche CDU, die dann aufgrund eines – sich auch noch als rechtlich falsch herausgestellten Einwurfs – dazu entschloss den Lärmaktionsplan komplett zu kippen. Absurd. Völliger Wahnsinn. Konzept- und ideenlose Politik.
Aber über welche Maßnahmen rede ich überhaupt? Nein, ich rede nicht über Tempo 30. Ich rede von den vorgeschlagenen Maßnahmen der Verwaltung, Lärmgutachten in den Zentren zu erstellen, um die tatsächliche Belastung der Bevölkerung festzustellen. Erst wenn sich dann die durch die Lärmkartierung vermutete Belastung bestätigt, kann es konkrete Maßnahmen geben.
Sie stimmen hier also heute allen Ernstes dagegen, dass man mal begutachten lässt, wie stark die Rösrather Bevölkerung vom Lärm an den Hauptstraßen betroffen ist?
Und wenn ich es richtig verstanden habe, wollen Sie im Anschluss beantragen, Gutachten beim Straßenbaulastträger in Auftrag zu geben, um festzustellen, wie stark die Rösrather Bevölkerung betroffen ist?
Sind Sie von Sinnen?
Und mitten drin eine umtriebige Opposition, die behauptet, es gibt ein richtiges und ein falsches Tempo 30.
Um es zusammen zu fassen: Sie haben als aufrichtige und rechtstreue Politikerinnen und Politiker heute gar keine andere Wahl als für die von der Verwaltung vorgeschlagenen Maßnahmen im Lärmaktionsplan zu stimmen. Prüfen Sie Ihr Gewissen und machen Sie das Richtige.