Ein Leitfaden für Anwohnerinnen und Anwohner der Rösrather Hauptstraßen
Ergänzung vom 25.4.2024: Lesen Sie zu diesem Thema auch den Folgebeitrag „Ihre Anträge zu Tempo 30 – so geht es jetzt weiter„
Das Wichtigste in Kürze
- Die aktuelle Lärmkartierung von Rösrath zeigt: An den Hauptstraßen wurden gesundheitsgefährdende Werte durch Straßenlärm festgestellt (Downloadlink). Betroffen davon sind mehr als 3.000 Einwohnerinnen und Einwohner Rösraths.
- Für solche Fälle hat die Stadt eine gesetzliche Verpflichtung für wirksame lärmreduzierende Maßnahmen. In der Regel bedeutet dies die Einführung von Tempo 30.
- Die Stadt Rösrath hat bislang keine Maßnahmen gegen die Lärmbelastungen umgesetzt. Betroffene (Anwohnende) haben daher die Möglichkeit, bei der Stadt einen Antrag auf lärmreduzierende Maßnahmen zu stellen.
- Musterschreiben: Mit diesem Link können Sie eine Vorlage für Ihren Antrag an die Stadt Rösrath herunterladen.
- Falls die Stadt nicht wirksam reagiert, können Sie rechtliche Schritte einleiten. In Köln brachte dies in vergleichbaren Fällen Erfolg im erstinstanzlichen Verfahren.
- Wenn Sie als Antragstellende oder Antragsteller Interesse an einem Austausch mit uns haben, melden Sie sich bitte: tempo30@zusammen-leben-roesrath.de
Straßenlärm als Dauerzustand an den Rösrather Hauptstraßen
Die Hauptstraßen aller Rösrather Stadtteile sind geprägt von starkem Straßenlärm: Kölner Straße, Bensberger Straße, Hauptstraße, Bergische Landstraße. Neben den morgendlichen und abendlichen Stoßzeiten an Werktagen sind auch die Wochenenden und Nächte von dieser Art von Störungen betroffen.
Zu dieser Situation trägt einerseits die Zunahme des Kfz-Bestands in Deutschland bei: Die Zahl der zugelassenen Autos stieg von 30,68 Millionen (1990) auf 48,76 Millionen (2023). Andererseits sorgt auch der besonders laute Schwerlastverkehr für hohe Lärmspitzen, selbst zu Schlafzeiten.
Tausende Bürgerinnen und Bürger sind betroffen – und die Stadt weiß dies auch
Die Situation ist der Stadt Rösrath nicht unbekannt: Der Bericht zur Lärmkartierung vom 6. Juli 2023 hat erneut gezeigt, dass fast 14% der Rösrather Bevölkerung massiven Auswirkungen von Straßenverkehrslärm ausgesetzt sind. Diese Belastung hält auch zu nächtlichen Zeiten an.
Zum Vergleich: Die geschätzte Gesamtzahl der lärmbelasteten Personen in Rösrath durch Fluglärm ist deutlich geringer, obwohl diesem Thema in der öffentlichen Wahrnehmung bisher eine weitaus größere Bedeutung beigemessen wird. So sind tagsüber knapp 673 Personen von Fluglärm zwischen 60 bis 64 db(A) betroffen:
Beim Straßenverkehrslärm sind es hingegen mit 3.129 Personen, also fast fünfmal so viele Menschen in diesem Bereich der Emissionen. Zwischen 65 und 69 db(A) betrifft es weitere 1821 Menschen. Massiv hohen Lärmbelästigungen ab 70 db(A) durch Straßenverkehrslärm sind immerhin noch 765 Personen ausgesetzt:
Auch nachts entstehen durch Lärmemssionen erhebliche Beeinträchtigungen im Bereich oberhalb von 55 db(A), was vom Bundesumweltamt als Grenze bewertet wird, die nicht überschritten werden sollte. Solche gemittelten Werte geben darüber hinaus eine Beeinträchtigung durch punktuelle Lärmspitzen, also kurzzeitige extreme Lärmsituationen, nur bedingt wieder.
Gesetzliche Grenzwerte und was dies für unsere Gesundheit bedeutet
Von wissenschaftlicher Seite geht man davon aus, dass Lärm ab einem Dauerschallpegel von 65 dB(A) tags, bzw. nachts zwischen 55 – 60 dB(A) als gesundheitsschädigend bzw. gesundheitsgefährdend eingestuft wird.
Laut Umweltbundesamt sollte dieses Problem ernst genommen werden: „Lärm als psychosozialer Stressfaktor beeinträchtigt somit nicht nur das subjektive Wohlempfinden und die Lebensqualität, indem er stört und belästigt. Lärm beeinträchtigt auch die Gesundheit im engeren Sinn. Er aktiviert das autonome Nervensystem und das hormonelle System. Die Folge: Veränderungen bei Blutdruck, Herzfrequenz und anderen Kreislauffaktoren.“
Grundsatz: Straßenlärm ist vorrangig an der Quelle zu bekämpfen
Die Lärmbekämpfung ist in Gemeinden eine Herausforderung. Nach dem Grundsatz, dass Lärm vorrangig an der Quelle bekämpft werden sollte, ist die Verringerung der Geschwindigkeit eine naheliegende und meist effektive Lärmschutzmaßnahme.
Eine rechtliche Verpflichtung ohne Ermessensspielraum
Die Stadt ist rechtlich verpflichtet, wirksame Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung gegen den Straßenverkehrslärm und Abgasbelastung umzusetzen. Gemäß § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO können zu diesem Zweck verkehrsbeschränkende Maßnahmen eingeführt werden. Da Verkehrslärm die Gesundheit beeinträchtigt, erfordert dies ein Handeln der zuständigen Behörden. Das der zuständigen Straßenverkehrsbehörde eingeräumte Ermessen reduziert sich bei solchen Sachlagen mitunter sogar auf null.
Tempo 30 hat sich in vergleichbaren Fällen in anderen Städten Deutschlands als die am einfachsten umsetzbare Maßnahme zur Lärm- und Abgasreduzierung erwiesen. Damit lässt sich die Situation ohne weitere Eingriffe in den Verkehrsfluss verbessern.
Grundsätzlich ist die Stadt schon bereit
Die Stadt Rösrath ist der Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beigetreten. Die unterzeichnenden Städte bekennen sich zur Notwendigkeit einer Mobilitäts- und Verkehrswende zur Erhöhung der Lebensqualität. Dies beinhaltet auch die Einführung von Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen.
Karte: 1.043 Kommunen mit unterschiedlichsten politischen Mehrheiten sowie einige Landkreise sind (Stand Februar 2024) bereits der Städteinitiative beigetreten.
Rösrath und Landesstraßen – geht das überhaupt?
In der Vergangenheit wurde bei dieser Diskussion seitens der Stadtverwaltung argumentiert, man wäre rechtlich gar nicht dazu in der Lage, auf den Hauptstraßen Rösraths Tempo 30 einzuführen. Der Grund: Bei den besonders betroffenen Straßen handele es sich um Landesstraßen, die in die Zuständigkeit von Straßen.NRW fielen.
Dieses Argument ist jedoch nicht richtig. Laut Auskunft der Bezirksregierung Köln vom 03.02.2023 sind für Maßnahmen nach § 45 StVO die örtlichen Ordnungsbehörden innerhalb der räumlichen Grenzen der kreisangehörigen Stadt zuständig. Vor jeder Entscheidung ist aber Polizei und Straßenbaulastbehörde zu hören.
Was können Betroffene tun?
Die Wählervereinigung GUT Köln hat eine erfolgreiche Blaupause geliefert, die auch für Rösrath adaptiert werden kann.
Ihr Antrag an die Stadt als betroffene Privatperson
Als betroffene Anwohner einer lauten Straße stellen Sie bei der Stadt Rösrath einen Antrag nach § 45 Abs. 1 S2 Nr. 3 StVO. Darin beantragen Sie die Prüfung auf immissionsschutzmindernde Maßnahmen, wobei die Einführung von Tempo 30 als geeignete Maßnahme dargestellt wird.
Hier können Sie sich ein Musterschreiben herunterladen.
Als antragstellende Person haben Sie das Recht auf eine ermessensfehlerfreie Prüfung. Ein Ermessensfehler der Behörde liegt vor, wenn die Sachlage nicht hinreichend geprüft und widerstreitende Interessen nicht ausreichend gegeneinander abgewogen werden.
Falls Sie einen negativen Bescheid der Stadt Rösrath erhalten, können Sie dagegen vorgehen. Sie können aber ebenso rechtliche Schritte einleiten, wenn Sie nach drei Monaten keinen Bescheid der Stadt erhalten haben.
Warum dieser Weg?
ZLR hat im Dezember 2023 einen Antrag im Ausschuss Stadtplanung und Verkehr gestellt. Darin wurde die Stadtverwaltung aufgefordert, auf Grundlage der vorliegenden Lärmkartierungen lärmreduzierende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung zu prüfen. Dieser Antrag wurde von der Mehrheit im Ausschuss abgelehnt.
Dies hat uns dazu veranlasst, Sie über Ihre eigenen Möglichkeiten zu informieren.
Worin besteht dabei die Rolle von Zusammen Leben Rösrath?
Anträge stellen und rechtliche Schritte einreichen können nur betroffene Personen.
Wir würden uns aber freuen, wenn Sie Kontakt zu uns aufnehmen. Wir können dann mit Ihnen besprechen, inwieweit wir Sie bei Ihrem Vorhaben unterstützen können. Wir sind aber natürlich auch für Sie da, wenn Sie zum Thema Tempo 30 unverbindlich mit uns ins Gespräch gehen möchten.