Fragen an und Antworten von Erstwähler:innen
Was halten Jugendliche von der Kommunalpolitik in Rösrath? Was erwarten sie von den Kommunalpolitikern? Wie erleben sie die „digitale Situation“ an ihren Schulen. Wir haben bei acht Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren nachgefragt – per Fragebogen und vertiefend in einer fast zweistündigen Gruppendiskussion via Zoom.
Was uns beeindruckt hat
Wir haben sehr engagierte, zuhörende und differenziert diskutierende Jugendliche erlebt. Jugendliche, die (Kommunal-) Politik interessiert, aber eine Machtlosigkeit und keine adäquate Ansprache erleben. Jugendliche, die sehr konkrete Vorstellungen haben, was sich in Rösrath und an ihren Schulen verbessern sollte. Die in ihren Argumentationen die Perspektiven Andersdenkender berücksichtigen und kompromissfähig sind. Jugendliche, denen Rösrath und das Gemeinwohl am Herzen liegt.
Die wesentlichen Ergebnisse
Frage: Interessiert Dich Kommunalpolitik? Wieso (nicht)?
Zentrale Aussagen
Alle interessieren sich dafür, was in ihrer Stadt passiert und für Kommunalpolitik. Sie erleben jedoch oft
- ein Gefühl der Machtlosigkeit („Wir werden nicht gesehen, nicht gehört und können nichts verändern“)
- keine adäquate Ansprache und Einbeziehung
- dass die Interessen Jugendlicher nicht gekannt und berücksichtigt werden
- dass Kommunalpolitik ausschließlich von Erwachsenen geprägt wird
Kommunalpolitik hat bei Jugendlichen darüber hinaus generell damit zu kämpfen, dass
- Kommunalpolitik als uncool rüberkommt und der persönliche Bezug zur Kommunalpolitik oft fehlt;
- Wissen über die Möglichkeiten von Kommunalpolitik nicht vorhanden ist und weder von Eltern noch in den Schulen vermittelt wird;
- viele nicht wissen, dass sie wählen dürfen (häufiger bei Menschen mit Migrationshintergrund).
Frage: Welche Inhalte und Themen sind für Dich auf kommunaler Ebene, also vor Deiner Haustüre relevant? Was soll sich ändern?
Attraktive Treffpunkte und Zusammengehörigkeitsgefühl in Rösrath
Die Antworten waren sehr einheitlich und ergänzten sich.
Es fehlt in Rösrath an Orten, an denen sich Jugendliche treffen können und gerne aufhalten. Daher wünschen sie sich attraktive Treffpunkte, die gut erreichbar, sicher und sauber sind. Das wären z.B. eine Liegewiese an der Sülz, ein Cafe mit freiem WLAN und attraktiven Öffnungszeiten, nutzbare Grünanlagen am Schloss, die „nicht vollgeschissen sind“ oder die am Wochenende verlängerten Öffnungszeiten des Schwimmbades.
Immer wieder kam der Wunsch nach einem größeren Zusammengehörigkeitsgefühl in Rösrath zum Ausdruck. Die Herausbildung könnte durch mehr Stadtfeste und Veranstaltungen unterstützt werden.
Mobilität
Für die überwiegende Mehrheit ist die Verbesserung der Mobilität von zentraler Bedeutung. Es braucht den Ausbau separater Radwege („Radfahren in Rösrath ist gefährlich, die aufgemalten Radwege sind ein Witz“).
Der Rösrather ÖPNV braucht mehr und andere Linie mit einer höheren Taktfrequenz, damit er genutzt wird (z.B. ein zusammenhängendes Busnetz zwischen Hoffnungsthal und Forsbach).
Ideal wäre auch eine höhere Taktfrequenz der R25. Generell bessere Nachtverbindungen (z.B. Sammeltaxi)
Sicherheit und Sauberkeit
Mädchen fühlen sich an Bus- und Bahnhöfen wegen fehlender Beleuchtung nicht sicher und Rösrath wird als schmutzig wahrgenommen: Müll im öffentlichen Raum, zu wenig Papierkörbe, keine Aschenbecher
Forderung: mehr für Sauberkeit tun, dabei die Bürger einbeziehen, Eigenverantwortung einfordern (Aktionen wie „Rösrath putzt“ häufiger durchführen).
Klima und Umwelt
Das Thema Klima und Umwelt beschäftigt die Jugendlichen und sie wünschen sich, dass diese Aspekte in der Politik mehr Berücksichtigung finden. So wünschen sie sich, dass mehr alternative Energien bei öffentlichen Gebäuden zum Einsatz kommen, Verkehrssteuerung als Klimaschutz zu begreifen und die Wasserstoffinitiative im ÖPNV voran zu treiben.
Digitalisierung in der Schule
Frage: Wie findest Du die „digitale Situation“ an der Schule bzgl. Hard- und Software Ausstattung, Qualifikation/Interesse der Lehrer:innen und didaktischem Einsatz digitaler Medien im Unterricht.
„Für die berufliche Zukunft ist es sicher unabdingbar, digital fit zu sein, es ist aber ein Irrweg, wenn jetzt alles digital sein soll; der persönliche Bezug beim Lernen ist notwendig, es geht um den richtigen Mix.“
Hard– und Softwareausstattung in der Schule
Die Hardwareausstattung (z.B. White Boards und iPads) am FvS und Gymnasien in Bergisch Gladbach wird je nach Erwartungshaltung sehr unterschiedlich von „ganz gut“ bis unzureichend und unvollständig bewertet. Zu oft ist Hardware defekt, nicht oder nur beschränkt verfügbar. Software ist oft schon überholt, wenn sie einsatzfähig ist.
Positiv fällt auf, dass das FvS Microsoft Teams bereits vor der Coronapandemie eingeführt hatte und die Nutzung von Teams in der Coronazeit gut funktioniert.
Rolle der Lehrer:innen
Der Einbindung digitaler Medien in den Unterricht ist sehr lehrerabhängig (Extreme: alles Papier/ alles digital). Ist ein Lehrer IT-affin und -kompetent, nutzt er oder sie die Möglichkeiten der Digitalisierung. Es scheint noch keinen abgestimmten Plan in den Schulen zu geben, wann und wie digitale Medien zum Einsatz kommen. Aus Sicht der Jugendlichen fehlt es aber auch an einer konsequenten Weiterbildung der Lehrer im Umgang mit digitalen Medien.
In unserer Videokonferenz wird deutlich, dass die Gefahr von der Vertiefung sozialer Ungleichheiten Realität ist. Daher muss bei allen Konzepten zur Digitalisierung klar werden, wie die Haushalte, in denen der Umgang mit Medien und die Ausstattung mit entsprechenden Geräten nicht selbstverständlich ist, entsprechende Unterstützung erhalten.
Unser Fazit
- Es fehlt an Wissen über Kommunalpolitik – es fehlt an politischer Bildung.
- Wir müssen die Politik zu den Jugendlichen bringen.
- Junge Menschen müssen erleben, dass Kommunalpolitik etwas mit ihnen zu tun hat und sie einen Einfluss auf die Verhältnisse in ihrer Kommune haben. Im Gespräch sein!
- In Sachen Digitalisierung bewegt sich etwas an den Schulen. Wichtig ist, dass es eine Digitalisierungsstrategie an der Schule gibt, die Hardware- und Softwareausstattung passt und die Lehrer strukturiert weitergebildet werden, wie die digitalen Medien in den Unterricht eingebunden werden können und sollen.