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Verkehrswende selber machen

Die Fraktion ZLR hat für die Sitzung des Stadtrates am 21.02.2022 einen Antrag eingereicht, mit dem Rösrath einen Beitrag für eine innerörtliche Regelgeschwindigkeit von 30 leisten kann. Lesen Sie im Folgenden die Antragsbegründung:

Die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ wurde im Juli 2021 von der Agora Verkehrswende mit Beteiligung des Deutschen Städtetags gestartet. Die Initiative bekennt sich zur Mobilitätswende und fordert den Bund auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Kommunen Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit innerorts anordnen können, wo sie es für notwendig halten. Den ursprünglichen sieben Initiativstädten haben sich mittlerweile (Stand 08.12.2021) weitere 59 Städte unterschiedlicher Größe angeschlossen (z.B. Bonn und Köln).[1]

Im Rahmen der aktuellen Fassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) ist der kommunale Spielraum für die Einführung von Tempo 30 innerorts sehr begrenzt. Derzeit gibt es keine Möglichkeit, Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit für den überörtlichen Verkehr festzulegen. Die Möglichkeit Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit festzulegen würde jedoch die Gestaltungspielräume von Rösrath, sich als attraktive Stadt für Familien, Kinder und Gewerbetreibende zu profilieren, deutlich erweitern.

Zudem wird das Primat des fließenden, motorisierten Verkehrs der StVO, das Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften mit sich bringt, zunehmend und mit unterschiedlichen Argumenten zu Gunsten einer Regelgeschwindigkeit von 30 km/h in Frage gestellt. Denn sämtliche Studien zeigen auf, dass eine innerörtliche Regelgeschwindigkeit von 30 km/h in Städten erhebliche positive Auswirkungen hat:

  • Erhöhte Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer:innen: Das Risiko tödlicher Unfälle reduziert sich von 80% bei Tempo 50 auf 10% bei Tempo 30.
  • Die Bebauungssituation und topografische Lage von Rösrath bedingt auf den Durchgangsstraßen sehr häufig ein enges Nebeneinander von Auto- und Fahrradverkehr (teilweise mit, teilweise ohne sogenannte „Schutzstreifen“). Diese Schutzstreifen werden in der Fachwelt inzwischen als problematisch bewertet. Unter solchen engen Bedingungen lässt sich die Sicherheit für Radfahrende deshalb am besten dadurch erhöhen, indem die Geschwindigkeitsunterschiede zwischen verschiedenen Mobilitätsformen stärker angeglichen werden.
    Auch der Fußverkehr profitiert von der Reduzierung der Geschwindigkeit hinsichtlich des Sicherheitsaspektes, insbesondere vulnerable Gruppen wie Kinder, ältere Menschen sowie Menschen mit Behinderung.
  • Förderung nachhaltigerer Verkehrsformen: Der Sicherheitsaspekt trägt auch dazu bei, dass nachhaltigere Verkehrsformen an Attraktivität gewinnen. Das neue Fahrradgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen hat das Ziel, den Anteil des Radverkehrs am Verkehrsaufkommen von derzeit 9 auf 25 Prozent zu erhöhen: „Der Nachholbedarf ist groß, denn der Rad- und Fußverkehr standen lange nicht ausreichend im Fokus der Verkehrs- und Stadtplanung. Die Folge ist, dass das Fahrrad und der Fußverkehr bislang häufig keine echte Alternative zum motorisierten Individualverkehr sind, da Rad- und Fußwege oft nicht sicher ausgebaut sind und die Vernetzung mit anderen sauberen Verkehrsmitteln nicht ausreichend ist.“[2].
    Die Einführung von Tempo 30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit ist daher einer der Bausteine zur Zielerreichung.
  • Senkung von Lärmemissionen: „Die Begleituntersuchungen an Hauptverkehrsstraßen zeigen nach der Anordnung von Tempo 30 rund 1 bis 4 dB(A) niedrigere Mittelungspegel. Geschwindigkeitssenkungen bewirken aber nicht nur Änderungen des Mittelungspegels. Einige Studien weisen darauf hin, dass bei Tempo 30 niedrigere Maximalpegel und deutlich geringere Pegelschwankungen auftreten als bei Tempo 50.“[3]Der Verkehrsclub Österreich nennt sogar 6 db(A) Reduzierung und damit eine Halbierung des wahrgenommenen Lärmpegels.

Anmerkung: 6 db (A) entsprechen einer Verdoppelung des Schalldrucks, weswegen eine Reduzierung um bis zu 4 db (A) eine signifikante Verbesserung darstellt, insbesondere wenn zusätzlich die Pegelschwankungen durch geringere Beschleunigungsvorgänge verringert werden können.

  • Reduzierung von Luftschadstoffen: Die gleiche Untersuchung des Umweltbundesamts legt dar, dass durch eine Verstetigung des Verkehrsflusses auch eine Reduktion von Luftschadstoffen erreicht werden kann.
  • Erhöhung der Aufenthaltsqualität im Bereich der innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen: Neben quantitativ messbaren Faktoren verbessern sich auch qualitative Aspekte. Weniger Lärm und Schadstoffe bringen den positiven Effekt mit sich, dass das Verweilen in den Ortskernen als angenehmer empfunden wird, wovon auch der Einzelhandel und die straßennahe Gastronomie profitieren dürften.
  • Reduzierung von Anreizen für den Schwerlastverkehr, die Rösrather Hauptverkehrsstraßen als Abkürzung zwischen A3 und A4 zu nutzen. Eine Reduzierung dieses besonders belastenden Typs von Verkehr wäre unstrittigerweise wünschenswert.

Abschließend: Studien haben ebenfalls gezeigt, dass die Durchsatzfrequenz einer innerörtlichen Straße bei Tempo 30 im Vergleich zu Tempo 50 nicht sinkt, da gleichzeitig auch die notwendigen Sicherheitsabstände zwischen den Verkehrsteilnehmern geringer ausfallen können: „Entgegen aller Vorurteile ist man bei einer Basisgeschwindigkeit von Tempo 30 keinesfalls länger unterwegs. Denn der Verkehr fließt durch weniger Stop-and-Go-Phasen, weniger Staus flüssiger und gleichmäßiger.“[4]

Dies heißt auch: Tempo 30 wäre eine Maßnahme für Rösrath und seine Bürger:innen und es wäre keine Maßnahme, die sich gegen den Autoverkehr richtet.

Alle oben aufgeführten Argumente verdeutlichen, dass die Einführung von Tempo 30 als innerörtliche Regelgeschwindigkeit ein erstrebenswertes Ziel ist. Mit der Beteiligung an der genannten Initiative kann die Stadt Rösrath einen Beitrag leisten, diesem näher zu kommen.


[1] https://www.staedtetag.de/themen/2021/lebenswerte-staedte-durch-angemessene-geschwindigkeiten
sowie https://www.staedtetag.de/files/dst/docs/Dezernat-5/2021/Liste-Initiativstaedte-Unterstuetzer-Tempo-30-alphabetisch-Stand-2021-12-08.pdf

[2] https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMD17-13977.pdf

[3] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2546/publikationen/wirkungen_von_tempo_30_an_hauptstrassen.pdf

[4] https://tempo30.vcd.org/argumente.html

2 Antworten auf „Verkehrswende selber machen“

Hallo liebe ZLR’ler,
bitte setzen Sie sich unbedingt weiter für Tempo 30 ein, bitte auch in Forsbach auf der Bensberger Str. – zumindest ab Whisky Bill bis Restaurant Altvolberger Hof.
Hier müssen viele Kita- und Schulkinder die Straße queren und auch die Kinder, die zum Gymnasium per Fahrrad oder zu Fuß gehen sind betroffen.
Mit freundlichem Gruß
Hedy Schütz

Liebe Frau Schütz,

entschuldigen Sie bitte, dass wir Ihnen nicht zeitnah geantwortet haben.

Das Thema „Tempo 30“ werden wir weiter vorantreiben – die Bensberger Straße in Forsbach ist wegen ihrer Enge besonders prädestiniert dafür.

Wir sehen in allen Stadtteilen Rösrath den derzeitigen Zustand mit den vielen Elterntaxis zu den Schulen und Kitas als problematisch an. Ein wichtiger Grund dafür (wenn auch vermutlich nicht der einzige) liegt in der mangelhaften Sicherheit der Schulwege – egal ob zu Fuß oder per Fahrrad. Dies möchten wir gerne ändern, nicht nur für Schulkinder, sondern für Fußgänger und Radfahrer ganz allgemein.

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