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Änderungen des Straßenverkehrsgesetzes – Glas halb voll oder halb leer?

Bundeskabinett und Bundestag haben es schon verabschiedet, der Bundesrat entscheidet am 24.11.2023: Das Reförmchen aus dem Hause Wissing zum Straßenverkehrsgesetz (StVG). Wir stellen Euch die Änderungen und Neuerungen in diesem Beitrag kurz vor.

Update vom 24.11.2023: Das Gesetz wurde im Bundesrat abgelehnt. Die CDU-geführten Länder haben überraschend und unangekündigt eine Kehrtwende vollzogen. Sie wollten scheinbar nicht, dass der Vorrangs des motorisierten Verkehrs durch Klimaschutzziele aufgeweicht wird. Wir sind entsetzt!

Das Bundesministerium beschreibt das eigene Gesetzesvorhaben so: „Er soll sicher sein und er soll fließen – das sind bisher die wichtigsten Leitplanken zur Regelung des Straßenverkehrs. Die Bundesregierung will erreichen, dass sich die Planung künftig an weiteren Zielen ausrichtet: Der Schutz von Klima, Umwelt und Gesundheit sowie die städtebauliche Entwicklung sollen im Verkehrsrecht stärker zur Geltung kommen. Davon profitieren Verkehrsteilnehmer, Anwohner und Kommunen.“

Das klingt erst einmal vielversprechend. Neben der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs werden neue Ziele eingeführt: Klima- und Umweltschutz, Gesundheitsschutz der Bevölkerung und Berücksichtigung städtebaulicher kommunaler Ziele.

Der Haken: Das StVG setzt lediglich den Rahmen für die Konkretisierung in der Straßenverkehrsordnung (StVO). Und hier scheint es so, als würden sich die neuen zusätzlichen gesetzlichen Ziele nur teilweise in der StVO niederschlagen. Wer also hoffte, dass Kommunen auch an Hauptverkehrsstraßen künftig eigenverantwortlich entscheiden können, ob sie Tempo 30 anordnen, wurde durch den Gesetzentwurf aus dem Ministerium für Digitales und Verkehr enttäuscht.

Einschränkungen des fließenden (= motorisierten) Verkehrs sind weiterhin mit einer besonderen Gefahrenlage zu begründen. Die im Koalitionsvertrag der Ampelregierung formulierte „Vision Zero“ scheint man offenbar im Hause Wissing nicht weiterverfolgen zu wollen

Genau dies stößt in den Verbänden, die die Verkehrswende vorantreiben, auf Kritik. Trotz allem gibt es Kommunen gewisse erweiterte Spielräume, die sich lokal auf kreative Weise nutzen lassen.

Tempo 30

Kommunen wird ein etwas größerer Handlungsspielraum für ihr Gemeindegebiet eingeräumt. Verkehrsbehörden können leichter Tempo 30 z.B. an Vorfahrtsstraßen, viel genutzten Schulwegen (in Rösrath dürften die Hauptstraßen dazu zählen) oder Spielplätzen anordnen. Lücken zwischen zwei Tempo 30-Zonen können statt bisher über max. 300 Meter nun über die Strecke von 500 Metern geschlossen werden.

Sonderfahrspuren

Begrenzt bis 31.12.2028 können Länder und Kommunen sog. Sonderfahrspuren für verschiedene Mobilitätsformen testen. Denkbar sind zum Beispiel Spuren ausschließlich für elektrisch oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge oder für Fahrgemeinschaften. Zudem wird die Einrichtung von Bussonderfahrstreifen erleichtert. Für Rösrath ist dies vermutlich weniger relevant.

Flächen für Rad- und Fußverkehr

Zwar soll es Kommunen erleichtert werden, angemessene Flächen für den Rad- und Fußverkehr bereitzustellen. Der Gesetzgeber selbst hebt deren Bedeutung hervor: „Praktische Erfahrungen in den Ländern zeigen, dass diese Maßnahmen spürbar dazu beitragen können, dass der Umwelt- und Klimaschutz sowie der Gesundheitsschutz verbessert oder die geordnete städtebauliche Entwicklung unterstützt werden“. Das klingt erst einmal gut, aber letztlich müssen sich Radfahrende und Fußgänger doch wieder unterordnen: Mit den Flächen für den Rad- und Fußverkehr darf weder der motorisierte Verkehr, noch der öffentliche Personennahverkehr „unangemessen beschränkt werden“. Das klingt nicht nach einer Gleichberechtigung des Fuß- und Radverkehrs (wie es z.B. im Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz NRW formuliert wurde), sondern nach nachrangiger Verwertung von Restflächen. Also in der Praxis nicht so viel anders als bisher.

Fußgängerüberwege

Sichere Querungsmöglichkeiten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen, Ältere und Kinder können künftig auch ohne besondere Gefahrenlage durch die Kommunen angeordnet werden.

Bewohnerparken

Bewohnerparken kann künftig dort flexibler angeordnet werden, wo Parkraummangel droht oder bereits besteht. Hier sollen die zur Verfügung stehenden Parkflächen leichter – vollständig oder zeitlich beschränkt – für Anwohner und sonstige Berechtigte reserviert und entsprechend gekennzeichnet werden können.

Unser Fazit

Begeisterung kommt bei dem Gesetzentwurf, bzw. insbesondere bei der Konkretisierung in der StVO nicht auf. Durch die Betonung der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs wird erneut hervorgehoben, dass im deutschen Straßenverkehr weiterhin das Recht des Stärkeren, also des motorisierten Verkehrs gilt. Auch der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) bemängelt, dass es an einer Gleichrangigkeit der neuen Ziele mit dem Ziel der „Leichtigkeit des Verkehrs“ fehle. Die Gesetzgebung sollte stattdessen die Verkehrswende unterstützen. Kommunen müssten ohne bürokratischen Hürdenlauf verkehrsberuhigte Bereiche sowie Fußgängerwege und lückenlose Radwegenetze einrichten können. Stattdessen gebe es durch die festgeschriebene „Leichtigkeit des Verkehrs“ ein „Vetorecht“ für den Kraftfahrzeugverkehr, bemängelt der ADFC (Quelle: Beitrag des ADFC vom 12.10.2023 zur Reform der StVO) .

Ungeachtet der massiven Schwachpunkte des Gesetzesvorhabens ergeben sich für Rösrath kleine Lichtblicke z.B. für die leichtere Einrichtung von Tempo 30-Zonen bspw. an Schulwegen oder durch die Lückenschließung über 500 Meter. Auch die Einrichtung von Querungsmöglichkeiten ohne Vorliegen einer konkreten Gefahrenlage schafft Spielräume, die genutzt werden sollten. Wir bleiben dran an den Themen und informieren Euch regelmäßig über unsere Anträge in den Ausschüssen und im Stadtrat sowie unsere weiteren Vorhaben rund um das Thema Mobilität.

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