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Sitzung vom 20. Februar 2024

Im Bauausschuss am 20. Februar 2024 wurde der aktuelle Lärmaktionsplan behandelt. ZLR widersprach der Argumentation der Verwaltung, sie könne auf den Landesstraßen im Stadtgebiet nichts gegen Lärm tun.

TOP 4 – Lärmaktionsplan  

Der Fachbereichsleiter für Mobilität, Herr Herrmann, erläuterte zu Beginn, dass der Lärmaktionsplan, dessen Beschluss zur Offenlage vorliege, alle fünf Jahre fortgeschrieben werden müsse. Vorgestellte Maßnahmen im Plan würden weitestgehend übergeordnete Träger betreffen; mangels Durchsetzbarkeit für die Stadt Rösrath seien die dargestellten Maßnahmen eher gering und würden sich weitestgehend auf Appelle beschränken. Herr Herrmann kam auf den Antrag der Fraktion ZLR aus dem Planungsausschuss vom 5. Dezember 2023 zu sprechen, in welchem aufgrund der hohen Lärmbelastungen von Bürgerinnen und Bürgern effektive Maßnahmen zum Lärmschutz gefordert wurden. Der Antrag solle als Anregung im Rahmen der anstehenden Offenlage berücksichtigt werden, um Lärmschutzmaßnahmen und Umsetzungsmöglichkeiten für die Stadt zu prüfen.  

Stadt schenkt Lärmaktionsplan wenig Beachtung 

Herr Herrmann betonte, dass zur Fortschreibung des Lärmaktionsplans aus 2018 auf eine Beauftragung eines externen Fachbüros verzichtet wurde, da dies – ohne echten Mehrwert – nur unnötig viel Geld kosten würde. Vielmehr sei dieser mit Personal der Verwaltung erstellt worden. Daher sei der Umfang des vorliegenden Lärmaktionsplanes im Vergleich zu anderen Kommunen eher gering. Man habe bzgl. Lärmschutzmaßnahmen als Stadt Rösrath ohnehin kaum Möglichkeiten der Umsetzung und sei auf die übergeordneten Fachbehörden angewiesen. 

Der Entwurf habe sich etwas verzögert, da die zuständige Kollegin die Verwaltung letztes Jahr verlassen habe. Man müsse nun den Plan bis zum Sommer verabschieden, um die EU-Richtlinie einzuhalten.  

CDU weist auf massive Belastungen durch Flugverkehr hin 

Die CDU rügte im Anschluss, der vorliegende Plan enthalte teilweise veraltetes Datenmaterial. So sei z.B. das Planfeststellungsverfahren am Flughafen Köln / Bonn abgeschlossen, was im Lärmaktionsplan anders dargestellt sei. Die CDU stellte die Frage, ob dann überhaupt eine Offenlage wirksam erfolge könne, wenn das Datenmaterial nicht dem aktuellen Stand entspreche. Herr Herrmann gestand zu, dass man teilweise nur Zugriff auf veraltetes Datenmaterial habe, was aber nicht zu ändern sei.  

Die CDU berichtete, dass ein Mitglied die Fluglärmbelastungen in Rambrücken auf der Website des Flughafens selbst nachgesehen habe (https://www.cgn-nebenan.de/laermschutz/laermmessung.html). Denn für die Beurteilung von potenziell gesundheitsschädigenden Lärmbelastungen seien nachts die Einzelereignisse entscheidend, von denen der Schlaf unterbrochen werde. Es seien demnach im Dezember letzten Jahres 154 Nachtflugereignisse über Rambrücken registriert worden, die einen Schallpegel von über 80 db(A) verursacht hätten. Dass Rambrücken aus der Schutzzone des Flughafens herausgefallen sei, sei vor dem Hintergrund der gemessenen Belastungen daher nicht nachvollziehbar. 

ZLR: Fünfmal mehr Einwohner von gesundheitsgefährdendem Lärm betroffen als 2018 

Bernd Hirschfeld meldete sich für die Fraktion ZLR zu Wort. Er begrüße es, dass über Lärm gesprochen werde. Es seien schließlich rund 10.000 Bürgerinnen und Bürger in Rösrath von Straßenlärm betroffen, also jeder Dritte. 

Hirschfeld führte aus, dass ihn vor diesem Hintergrund der vorliegende Entwurf des Lärmaktionsplans ratlos mache. Es seien kaum Fortschritte in der Lärmreduktion zu erkennen – im Gegenteil: Die Anzahl der von Straßenlärm Betroffenen ist um über 50% gegenüber 2018 gestiegen. Die Anzahl der Bürgerinnen und Bürger, die tagsüber und nachts von sogar gesundheitsgefährdendem Lärm betroffen sind, sei sogar um Faktor 5 gestiegen. Diese offenkundige Verschlechterung werde im vorliegenden Entwurf nicht einmal thematisiert. Vielmehr sei der Text inhaltlich nahezu unverändert gegenüber 2018 und vermittele so den Betroffenen, dass sich die Stadt nicht kümmere. Dies könne ja nicht die Botschaft des Ausschusses sein. 

Hirschfeld kritisierte weiter, dass gemäß Bundesimmissionsschutzgesetz (wie auch gemäß EU-Richtlinie und den Verlautbarungen der zuständigen Ministerien) die Bürgerbeteiligung in mindestens zwei Phasen durchzuführen sei. Die formelle Offenlage könne erst nach einer frühzeitigen Mitwirkung der Öffentlichkeit erfolgen, die aber in Rösrath noch gar nicht stattgefunden habe. Die Stadt müsse etwas anbieten, um betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zu helfen. 

Die Fraktion ZLR beantrage daher eine Änderung der Beschlussvorlage: Die Stadtverwaltung möge kurzfristig eine frühzeitige Mitwirkung der Öffentlichkeit durchführen, u.a. unterstützt durch eine Informationsveranstaltung. Anschließend möge die Verwaltung einen überarbeiteten Entwurf erstellen, in dem die Ergebnisse der Mitwirkung sowie der Beschluss des Ausschusses für Stadtentwicklung, Planung und Verkehr vom 05.12.2023 berücksichtigt sind. 

Stadt will Bürgerinnen und Bürger nicht umfassend beteiligen 

Herr Herrmann bestätigte, dass die Stadt Rösrath, anders als vom Gesetz vorgesehen, auf die frühzeitige Mitwirkung der Öffentlichkeit verzichte. Dies würde sich in Rösrath erübrigen, da bei der Offenlage des letzten Lärmaktionsplanes nur ein oder zwei Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern gekommen seien. ZLR schlug eine Informationsveranstaltung für die Bevölkerung vor, wie von der Umweltministerkonferenz vorgesehen (https://www.lai-immissionsschutz.de/documents/lai-hinweise-zur-laermaktionsplanung-dritte-aktualisierung_1667389269.pdf). Herrmann lehnte das strikt ab: „Ich stehe hierfür nicht zur Verfügung!“ Auch Bachmann (SPD) sprach sich gegen eine solche Veranstaltung aus, man werde die Erwartungen der Bevölkerung zur Umsetzung von lärmreduzierenden Maßnahmen (insb. Fluglärm) nicht erfüllen können, da man es nicht selbst in der Hand habe. Die Verwaltung ergänzte, der Lärmschutzplan sei für die Stadt ein „zahnloser Tiger“, an die Lärmverursacher könne nur appelliert werden: „Das ist ein riesiges Dilemma!“. Bachmann (SPD) unterstützte nochmal die Verwaltung, er sähe keinen Ansatz, was die Kommune selbst machen könne. Auch von Seiten der Grünen kamen Bedenken. Wenn man „keinen Pfeil im Köcher“ habe, sei es schlecht eine Infoveranstaltung zu machen. 

ZLR: Wir haben selbst bei der Bezirksregierung nachgefragt 

Hirschfeld widersprach der Argumentation der Verwaltung, sie könne auf den Landesstraßen im Stadtgebiet nichts gegen Lärm tun. Zwar sei das Land Träger der Straßenbaulast. Die Stadt Rösrath sei aber die verantwortliche Verkehrsbehörde für alle Straßen im gesamten Stadtgebiet (mit Ausnahme der Autobahn). Er habe selbst bei der Bezirksregierung nachgefragt und die schriftliche Rückmeldung erhalten, dass die Stadt Rösrath die Verantwortung für verkehrliche Maßnahmen auch auf den Landesstraßen im Stadtgebiet trage. Andere Behörden seien zwar zu hören – die Stadt könne und müsse über die Maßnahmen aber selbst entscheiden (z.B. Tempo 30 aus Lärmschutzgründen).  

Stimmung ändert sich: Man muss “nach jedem Strohhalm greifen” 

Dirk Mau (fraktionslos) stieg in die Argumentation von ZLR ein. Wenn dem tatsächlich so sei, dass die Kommune auf den Landesstraßen selbst Regelungen treffen könne, hätte man zumindest einen Hebel, um Lärmschutz zu betreiben. Auch die Grünen zeigten Interesse, die Anregungen von ZLR seien gut, „man müsse nach jedem Strohhalm greifen“. 

Herr Herrmann gestand zu, dass er nicht so tiefgehende fachliche Kenntnisse habe, dass er ausschließen könne, dass die Stadt nicht doch zuständig für Lärmschutzmaßnahmen an Landesstraßen sei. Man müsse das prüfen. Er schlug im weiteren Verlauf der Sitzung nun vor, man werde eine entsprechende Anfrage bei der Bezirksregierung stellen. Wenn diese eine Zuständigkeit für die Stadt ergebe, wäre man bereit, den Lärmaktionsplan entsprechend abzuändern / ergänzen und eine erneute Offenlage zu beschließen. Für die nächste Runde des Lärmaktionsplans in fünf Jahren könne es sinnvoll sein, ein externes Ingenieurbüro zu beauftragen. 

Bernd Hirschfeld (ZLR) zog in der Folge den Antrag der Fraktion ZLR zurück, nachdem Herrmann zugesichert hatte, die Offenlage des Lärmaktionsplans erst nach Rückmeldung der Bezirksregierung, also nach Klärung der Zuständigkeiten, vorzunehmen. Der Beschlussvorschlag der Stadt wurde in der Folge mit drei Enthaltungen (zweimal SPD, einmal ZLR) mehrheitlich angenommen. 

Verein Lebenswertes Sülztal positioniert sich: Tempo 30 in den Zentren 

Die Sitzung wurde im Anschluss noch unterbrochen, um einen Bürger zu hören. Heiner Mersmann vom Verein Lebenswertes Sülztal kritisierte ebenfalls den vorliegenden Lärmaktionsplan der Stadt. Dieser weise viele Ungereimtheiten auf. Die Zahlen seien stark gestiegen, obwohl insbesondere die Coronajahre in die Berechnung eingeflossen seien. In diesen seien besonders de Flugbewegungen deutlich geringer gewesen. Es sei unzumutbar, fünf weitere Jahre bis zur Erstellung eines neuen Lärmaktionsplanes zu warten, bis die Zahlengrundlage stimmig wäre. Im Übrigen würde sich der Verein Lebenswertes Sülztal für Tempo 30 in den Ortszentren aussprechen. Dann könnte z.B. auch die Route, die häufig zur Abkürzung zwischen A3 und A4 genommen werde, für den Schwerlastverkehr unattraktiver werden. Der Ausschuss nahm die Hinweise von Herrn Mersmann zur Kenntnis. 

Eine Antwort auf „Sitzung vom 20. Februar 2024“

Vielen Dank für den Einsatz! Unabhängig vom Thema, so stelle ich mir einen sinnvollen, weil informierten, Stadtrat vor!

Bemerkenswert finde ich das bestimmte, aber unwissende Auftreten der Verwaltung..

Ich danke ZLR für die (nicht nur hier) transparente Information – auch das ist vorbildlich.

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